Gastfreundschaft als Basis
Gastfreundschaft oder Bewirtung ist eines der zentralen Konzepte des Gastgewerbes. Begeisterte Gäste kommen mit größerer Wahrscheinlichkeit wieder in Ihr Lokal. Sie kommen vielleicht sogar öfter und bleiben länger, was letztlich bedeutet, dass sie mehr ausgeben. Außerdem empfehlen sie Ihr Lokal mit größerer Wahrscheinlichkeit weiter.
Das Optimum für einen Gastgewerbeunternehmer ist also, dass all diese positiven Effekte eintreten. Deshalb steht die Frage: „Wie sorgen wir für begeisterte Gäste?“ fast immer im Mittelpunkt unserer täglichen Arbeit.
Es geht um einen der wichtigsten Effekte, die wir mit Agilem Arbeiten erreichen wollen: einen maximalen Kundennutzen zu realisieren und diesen so schnell wie möglich zu liefern.
Kunden aus dem Gastgewerbe verlangen Agilität
Im Gastgewerbe wird ein hohes Maß an Agilität erwartet, denn Situationen verlangen regelmäßig nach unerwarteten Lösungen oder Reaktionen. Schließlich erwarten die Gäste, dass eine Dienstleistung sofort erbracht wird, und das erfordert manchmal Kreativität. Kreativität wird durch Selbstorganisation gefördert; Teams erhalten den Freiraum, um innerhalb eines Rahmens eigene Lösungen oder Aktionen zu entwickeln. Und oft sind es gerade diese kreativen Lösungen, die ein positives Gästeerlebnis schaffen. Auf diese Weise kann ein Nachteil zum Vorteil werden!
Selbstorganisation wird also in den meisten Betrieben des Gastgewerbes schon lange praktiziert und der Beweis, dass sie zu Kreativität und einem besseren Gästeerlebnis führt, ist bereits erbracht.
Wie können wir diesen Vorteil einer agilen Denkweise in der Produkt-/Dienstleistungsentwicklung und in Projekten weiter nutzen? Dieser Beitrag wirft einen genaueren Blick auf ein Scrum Projekt im Gastgewerbe. Anhand eines Beispiels wird gezeigt, wie das Scrum Framework in einem entsprechenden Projekt zu einem maximalen Kundennutzen führt.
Projekt: Eine neue Speisekarte für das Restaurant
Bevor der erste Sprint beginnt, benötigen wir wichtige Informationen. Wir gehen die folgenden Schritte durch:
- Vision des Produkts
- Roadmap
- Identifizierung der Stakeholder und der Anforderungen und Ambitionen
- Start mit einem Scrum Team
- Anfängliches Product Backlog aufstellen
- Sprint 1 beginnen
Scrum im Gastgewerbe: Produktvision
Eine Produktvision bezieht sich auf die langfristige Perspektive eines Produkts. Die Vision bildet sozusagen das Fundament der Strategie und leitet die Projektaktivitäten. Eine gute Vision ist einfach und leicht zu verstehen, enthält ein gewisses Maß an Emotionen und hat eine klare Dringlichkeit. So schafft eine gute Vision einen Kundennutzen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, eine gute Vision zu erreichen. Ein praktischer Weg und auch ein Werkzeug ist die Produktvisionsvorlage.
Die Vision für die neue Speisekarte lautet: Leckere, gesunde und überraschende Erfrischungen für alle.
Roadmap
Bei Scrum ist es wichtig, sich Optionen für etwaige Änderungen des Umfangs offen zu halten. Das bedeutet, dass es in der Praxis nicht realistisch ist, mehr als 3 Sprints im Voraus zu planen. Denn die Erfahrung zeigt, dass sich Prioritäten verschieben und Dinge dadurch irrelevant werden können. Verschwendeter Aufwand, wenn zu viel bereits im Detail ausgearbeitet wurde und es nach einiger Zeit nicht mehr dringend ist.
Andererseits ist es immer gut, einen allgemeinen Zeitplan zu haben. In einigen Fällen wird eine Roadmap verwendet, also bestimmte Meilensteine, die erreicht werden müssen. Sie können dies tun, indem Sie eher traditionell in Phasen arbeiten, wie z. B. Forschung – Entwurf – Umsetzung – Management. Eine andere Möglichkeit besteht darin, übergreifende Themen zu benennen.
Ein Beispiel: Wir wollen zunächst den Inhalt des Menüs zusammenstellen. Wir können dieses Thema in verschiedene Items oder User Stories unterteilen, wie z. B.: Fleischgerichte, Fischgerichte, Desserts, Kaffee. Ein weiteres Thema könnte die Gestaltung der Speisekarte sein. Dieses Thema kann dann in verschiedene Punkte unterteilt werden: Material, Schriftart, Bilder, Farbschema.
Identifizierung von Stakeholdern und Wünschen und Ambitionen
Bevor Sie mit dem ersten Sprint beginnen, ist es wichtig zu wissen, welche Stakeholder Einfluss auf oder Interesse an dem Menü haben. Durch ein Brainstorming mit dem gesamten Scrum Team darüber, wer die wichtigen Stakeholder sind, erhalten Sie frühzeitig einen guten Überblick und erhöhen die Chancen, einen maximalen Wert für Ihren Endnutzer zu liefern.
In diesem Fall gehören zu den Stakeholdern: Gäste (weiter zu unterteilen in Touristen, Einwohner, Junge, Alte usw.), Nachbarn, Restaurants in der Umgebung, Geschäfte in der Umgebung, Lieferanten, Gemeinde. Die Wünsche und Ambitionen dieser Stakeholder sind: Nachhaltigkeit, Ruhe, Erlebnis, Tourismus, Unterhaltung, Vielfalt.
Zusammenstellung des Scrum Teams
In Scrum arbeiten wir mit multidisziplinären Teams, in denen alle Teammitglieder gleichberechtigt sind und sich keine Rechte aus der tatsächlichen Funktion der einzelnen Personen in der Organisation ableiten. Zu den Entwicklern können beispielsweise Kellner, Manager, Barmitarbeiter, Köche, Geschirrspüler, Verwaltungsmitarbeiter und Einkäufer gehören. Der Product Owner wird idealerweise von der Person besetzt, die gut darin ist, die Menge an Informationen von den vielen Stakeholdern zu verarbeiten und die Lieferung eines wertvollen Menüs zu beaufsichtigen. Das könnte zum Beispiel der Chefkoch oder ein kommunikationsstarker Kellner mit einem Mandat sein. Die Rolle des Scrum Master wird am besten von einer Person eingenommen, die den Prozess überwacht und sich hauptsächlich auf die Teamdynamik konzentriert. Bei der Zusammenstellung eines Teams kann der Scrum Master guten Input aus der Perspektive liefern: Welche Persönlichkeiten brauchen wir und ergänzen sich gut?
Erstellung des anfänglichen Product Backlogs
Sobald die Bedürfnisse und Ambitionen ermittelt sind, können sie in Produkte und Dienstleistungen umgesetzt werden. Zum Beispiel kann aus dem Bedürfnis „Abwechslung“ das Produkt „wechselnde saisonale Gerichte“ in die Speisekarte aufgenommen werden. Das Produkt wird dann vom Product Owner in Form einer User Story beschrieben: „Als Gast möchte ich ein wechselndes saisonales Gericht, damit ich in jeder Saison mit saisonalen Produkten überrascht werde“. Diese User Story wird auf ein Post-It geschrieben und in das Product Backlog geklebt. Durch die Beschreibung mehrerer User Stories und deren Priorisierung nach Wert entsteht das erste Product Backlog, das im ersten Sprint beim Sprint Planning als Input dient.
Sprint 1
- Sprint Planning: Während des Sprint Planning wird das „Was“ und „Wie“ diskutiert. Das Ergebnis eines Sprint Planning ist ein klares Sprint Ziel. Daher ist es wichtig, dass das gesamte Scrum Team an dieser Sitzung teilnimmt.
- Sprint Ziel Sprint 1: Fleischgerichte Thema, Auswahl der 10 wichtigsten User Stories
- Daily Scrum: Das Daily Scrum dient der Besprechung des Fortschritts des Sprint Ziels. Gibt es Dinge, die ungünstig laufen, und wird Hilfe benötigt? Hier sorgen die Entwickler für Transparenz und Abstimmung in der Arbeit. Der Scrum Master kann dieses Meeting gut moderieren.
Beispiel: Einer der Entwickler kommt nicht weiter, weil er nicht weiß, wie er verschiedene Fleischlieferanten auswählen soll. Bei der Diskussion im Daily Scrum stellt sich heraus, dass einer der anderen Entwickler diese Aufgabe bereits erledigt hat und weiß, wie man sie gut erledigt. Er schlägt vor, die Aufgabe gemeinsam in Angriff zu nehmen, mit dem Ergebnis, dass die Aufgabe erledigt wird und ein Wissensaustausch stattgefunden hat.
- Sprint Review: Bei der Sprint Review wird das Sprint Ziel den Stakeholdern vorgestellt, um Feedback einzuholen und einen Ausblick auf die nächsten Schritte für den nächsten Sprint zu geben. Daher ist bei diesem Treffen das gesamte Scrum Team anwesend, ergänzt durch die wichtigsten Stakeholder. Die Entwickler selbst stellen die von ihnen geleistete Arbeit vor.
Beispiel: Die Entwickler präsentieren ein Gericht mit 7 Fleischsorten und lassen sie es sehen, fühlen, riechen und schmecken. Hier geht es um ein greifbares Produkt und nicht um eine Beschreibung, sodass sich die Stakeholder ein echtes Bild davon machen und darauf basierend echtes Feedback geben können.
- Retrospektive: In der Retrospektive besprechen wir, wie wir während des Sprints zusammengearbeitet haben. Oft beginnen wir damit, was gut gelaufen ist, oder besprechen nur, was wir gelernt haben. Mit konkreten Aktionspunkten aus diesem Treffen weiß das Team, was es tun kann, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Beispiel: Was gut gelaufen ist: die Ausrichtung beim Daily Scrum und der Wissensaustausch und die Zusammenarbeit, die dort bei der Auswahl der Lieferanten etabliert wurden. Lerneffekt: Meetings innerhalb des Zeitrahmens halten. Aktionspunkt: Befolgen Sie die Struktur der Meetings.
Fazit
Das Gastgewerbe zeichnet sich durch viele Stakeholder (Gäste) aus und ist ein Umfeld mit vielen Unwägbarkeiten und Verantwortlichkeiten. Die sich schnell ändernden Anforderungen der Gäste verlangen nach einem agilen Ansatz. Agiles Arbeiten ist daher bereits an der Tagesordnung, weshalb die Implementierung eines agilen Ansatzes in Projekten ein logischer nächster Schritt ist.
Durch die Kombination verschiedener Gastgewerbemitarbeiter in einem Scrum Projekt sind Sie in der Lage, ein wertvolles Produkt für Ihre Gäste auf schnelle und effiziente Weise zu liefern. Das Scrum Framework ist daher auf viele Komponenten innerhalb des Gastgewerbes anwendbar, die durch einen klaren Anfang und ein Ende gekennzeichnet sind.
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