Die Bedeutung von Autonomie und Alignment in einem komplexen Umfeld
Viele Organisationen haben ein veraltetes Weltbild, in dem die Komplexität innerhalb von Organisationen nur unzureichend erkannt wird. Die Menschen sehen eine Organisation immer noch als eine komplizierte Maschine, die man analysieren und deren Teile man dann ersetzen kann. Die Annahme, dass dann alles repariert und verbessert wird, ist falsch.
Eine alternative Sichtweise, die zunehmend an Popularität gewinnt, ist die der Organisation als komplexes System (siehe Cynefin Framework). Wie in einem natürlichen Ökosystem (z. B. einem Wald) wächst eine Organisation, Teile sterben ab oder verändern sich. Es ist unmöglich, ein so komplexes System in seiner Gesamtheit aus der Hubschrauberperspektive zu analysieren, weil so viel passiert und es ständige Veränderungen gibt, die sich alle gegenseitig beeinflussen.
Da niemand allein den Überblick behalten kann, ist die Führung auf allen Ebenen der Organisation überlebenswichtig. Ein komplexes System wird am besten von selbstorganisierenden Teams verwaltet. Natürlich sind bestimmte Rahmenbedingungen und eine klare Ausrichtung wichtig, damit die Selbstorganisation funktioniert. Ein sich selbst organisierendes System mit einer klaren Richtung balanciert auf der Grenze zwischen Stabilität und Chaos. Diese Systeme können wirklich als innovativ bezeichnet werden.
Die Alignment Autonomie Matrix
Das Modell „Alignment and Autonomy“ (Ausrichtung und Autonomie) bietet Instrumente zur Gestaltung eines innovativen und komplexen Systems. Autonomie ist der Grad, in dem Menschen ihre eigenen Entscheidungen treffen können, z. B. in Bezug auf den Inhalt der Arbeit oder den Ansatz zur Erreichung von Ergebnissen (siehe Drive Modell). Die Ausrichtung ist der Kompass, den Teams und Organisationen haben, der ihnen die Richtung vorgibt. In diesem Zusammenhang spricht man auch von „Kraftfeldern der Bedeutung“. Es ist die Aufgabe der Führungskräfte eines komplexen Systems, den Organisationen Gestalt zu geben, indem sie ihnen einen Sinn geben, und nicht, indem sie sich alle möglichen Regeln ausdenken und sie überwachen. Nur wenn es eine sinnvolle Richtung gibt, kann eine echte Selbstorganisation stattfinden, denn dann weiß jeder, worauf er hinarbeitet.
Wenn man Autonomie und Ausrichtung als Achsen betrachtet, ergibt sich eine Matrix, die vier verschiedene Arten von Organisationen zeigt:
- Organisationen mit einer starken Ausrichtung und wenig Autonomie werden als autoritär wahrgenommen. Die Führung hat eine kohärente und aussagekräftige Vision, gibt den Mitarbeitern aber nicht genug Raum, um diese Vision eigenständig mit Händen und Füßen zu verwirklichen. Führungskräfte sagen nicht nur der Organisation, was sie erreichen wollen, sie sagen auch den Mitarbeitern genau, was sie tun müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Dies führt zu einer passiven Haltung der Mitarbeiter, die sich dem anpassen, was die Führung ihnen vorgibt.
- Organisationen mit geringer Ausrichtung und großer Autonomie werden als unternehmerisch wahrgenommen. „Unternehmerisch“ ist so zu verstehen, dass jeder sozusagen seine eigene Richtung als Selbstständiger bestimmen kann. Eine solche Organisation birgt mehrere Risiken: (1) Einzelpersonen, die gegeneinander arbeiten, (2) Arbeit, die aufgrund mangelnder Koordination doppelt erledigt wird und (3) ein Ganzes, das sich so diffus bewegt, dass es für die Kunden unklar ist, wofür die Organisation steht.
- Eine Organisation, in der es keine Ausrichtung und keine Autonomie gibt, ist ein Ort, an dem niemand glücklich ist. Die Leitung hat keine gemeinsame Auffassung von der Bedeutung, die die Organisation als Ganzes haben muss. Darüber hinaus wird den Arbeitnehmern wenig Spielraum für eigene Entscheidungen gelassen. Dies führt zu einem unglücklichen System, in dem Ergebnisse nur schwer zu erzielen sind und Gleichgültigkeit herrscht. Das wiederum führt zu verärgerten Kunden, worauf die Führung oft krampfhaft mit einer weiteren Einschränkung der Autonomie reagiert.
- Ein hohes Maß an Ausrichtung und Autonomie führt zu einer innovativen Organisation. Da die Führung die Richtung vorgibt, kann die komplexe Organisation selbstorganisierend arbeiten. Führung gibt es sowohl auf Managementebene als auch auf individueller Ebene (aufgrund des hohen Maßes an Autonomie). Die innovative Organisation sorgt dafür, dass alle Energie und Kreativität in eine Richtung gebündelt werden. Auf diese Weise werden die Kunden letztlich mit einem immer besseren, billigeren und schnelleren Service überrascht. Die Wertschätzung, die die Kunden zurückgeben, ist ein zusätzlicher positiver Anreiz für das System. Dies ist der Quadrant der Matrix, in dem Sie sich befinden sollten, wenn Sie als Unternehmen im 21. Jahrhundert überleben wollen.
Wie wendet Spotify dieses Modell an?
Wie wendet Spotify dieses Modell an? Der beliebte Musikdienst Spotify hat dieses Modell in einem bekannten Youtube-Video mit dem Titel Spotify Engineering Culture bekannt gemacht. Spotify begann mit einem einzigen Scrum Team, wuchs aber schnell auf mehrere Teams an. Das Organisationsmodell, das sich entwickelt hat, wird als „Spotify Modell“ bezeichnet.
Ein Squad ist der kleinste Baustein im Spotify Modell. Ein Squad ist ein sich selbst organisierendes und autonomes Team. Die meisten Teams verwenden Scrum, um ihre Zusammenarbeit zu strukturieren. Der Product Owner sorgt für die Ausrichtung innerhalb einer Gruppe, zum Beispiel durch eine klare Produktvision. Squads sind Teil eines größeren Ganzen und haben daher übergeordnete Rahmenbedingungen, wie z. B. die komplette Produktstrategie von Spotify.
Eine Ansammlung von Squads, die gemeinsam an einer größeren Mission arbeiten, nennt Spotify einen Tribe. So gibt es zum Beispiel einen Tribe, der sich speziell mit der Optimierung des Musikplayers beschäftigt. Ein Tribe ist also eine Gruppe von Squads mit einem hohen Maß an gegenseitiger Ausrichtung. Die Autonomie der Squads wird auch dadurch gewährleistet, dass die Arbeit so aufgeteilt wird, dass die verschiedenen Squads ihre Entscheidungen so unabhängig wie möglich treffen können. Dies wird vom Tribe Leader organisiert.
Das Ganze, das auf diese Weise entsteht, ist in den Worten von Spotify „loosely coupled, tightly aligned“. Die Squads und Tribes arbeiten zusammen wie eine Jazzband. Jeder hat eine klare Rolle als einzelner Musiker und kann seine eigenen Entscheidungen treffen, und gemeinsam schaffen Sie Musik, die die Kunden glücklich macht.
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