Was ist eine Retrospektive?
Die Retrospektive (oder Retrospective) ist ein Grundbestandteil des Scrum-Frameworks. Am Ende eines Sprints hinterfragt das Team – unabhängig vom Inhalt des Sprints – den Teamprozess, die Arbeitsweise und die gemeinsamen Schnittstellen.
Weshalb ist das so wichtig?
Jedes Team wurde zusammengestellt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das Erreichen dieses Ziels ist nur möglich, wenn zusammengearbeitet wird. Und eine Zusammenarbeit funktioniert oft nicht von alleine. Eine regelmäßige Agile Retrospektive sorgt dafür, dass aus einer Gruppe Individuen ein effektives Team entsteht.
Wie sieht der Ablauf einer guten Retrospektive aus?
Eine gute Retrospektive beinhaltet einige Standardelemente. Hier finden Sie die Standardeinteilung einer Retrospektive nach Caetano (2016):
- Verdeutlichung der Zusammenhänge. Der Scrum Master eröffnet die Retrospektive, indem er dem Team kurz die Zusammenhänge verdeutlicht. Dies fördert die Konzentration des Teams und bewirkt, dass die Diskussion auf einer gemeinsamen Grundlage beginnt.
- Grundprinzip. Kerth (2001) ist der Ansicht, dass in einer Retrospektive das Grundprinzip des Meetings verdeutlicht werden muss. Das Grundprinzip einer Retrospektive kann wie folgt beschrieben werden: „Unabhängig von dem, was wir entdecken werden, glauben wir, dass jeder sein oder ihr Bestes gegeben hat, unter Berücksichtigung des Timings, seiner oder ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen, der zur Verfügung stehenden Mittel und der Situation.“ Indem man dies ganz explizit ausdrückt, schafft man ein sicheres Umfeld, in dem das Team zusammenfinden und sich an die Zusammenarbeit gewöhnen kann.
- Start. Durch einen deutlichen Startmoment werden die Gefühle der Teilnehmer hinsichtlich der Retrospektive sondiert. Auf diese Weise werden Widerstände beseitigt und der Fokus auf die Retrospektive gerichtet.
- Retrospektive-Format. Dies ist der Kern einer jeden Retrospektive. Das Ziel liegt darin, die positiven Teamaspekte zu betonen und außerdem nach Verbesserungspunkten zu suchen. Daher nimmt dieser Punkt die meiste Zeit in Anspruch und ist Thema dieses Artikels. Hier finden Sie zehn Retrospektive-Formate.
- Konvergieren. Die meisten Retrospektive-Formen führen zu einer Vielzahl von Verbesserungsmöglichkeiten. Diese Möglichkeiten kann man unmöglich auf einmal nutzen. Die Kunst liegt darin, den Fokus genau auszurichten und sich auf die für das Team wesentlichen Verbesserungspunkte zu konzentrieren.
- Abschluss und nächste Schritte. In einem Abschlussgespräch werten Sie die Retrospektive aus. Dies muss gar nicht viel Zeit in Anspruch nehmen, doch es ist für den Scrum Master wichtig, die Meinung des Teams in Erfahrung zu bringen. Anschließend sollten ein paar der nächsten Schritte beschrieben werden. Meist wird das Product Backlog um einige Maßnahmen ergänzt.
Zehn Retrospektive-Formen
1. Standard
Eine normale Scrum Retrospektive hat den folgenden Ablauf:
- Was haben wir so gut gemacht, dass wir darüber reden müssen, um es nicht zu vergessen?
- Was haben wir gelernt?
- Was müssen wir künftig anders machen?
- Was haben wir noch nicht verstanden?
Die ersten Fragen sind positiver Art, damit für den weiteren Verlauf eine positive Denkweise erzeugt wird.
Indem diese vier Fragen nacheinander beantwortet werden, entsteht ein klares Bild in Bezug auf den letzten Sprint und die zu treffenden Maßnahmen.
2. Seestern
Zu Beginn der Retrospective zeichnet der Scrum Master einen „Seestern“ an das Whiteboard oder auf den Flipchart. Die Mitglieder des Scrum Teams notieren auf Post-it’s eine Antwort zu jeder der folgenden Fragen:- Was müssen wir fortsetzen?
- Was müssen wir intensivieren?
- Was müssen wir zurückfahren?
- Womit müssen wir beginnen?
- Womit müssen wir aufhören?
3. Drachen
Der Scrum Master zeichnet zu Beginn der Retrospektive ein Flugzeug. Das Flugzeug symbolisiert die positiven Dinge, die das Scrum Team ausmacht und fortsetzen will. Dieses Flugzeug hat sich in Stromleitungen verfangen, die Hindernisse auf der Unternehmensebene symbolisieren sollen. Schließlich hängt das Flugzeug in einem Knäuel fest, womit die Hindernisse auf Teamebene dargestellt werden. Es ist gut zu erkennen, auf welcher Ebene Hindernisse vorliegen, so können die zu treffenden Maßnahmen konkret formuliert werden. Zudem wird durch diese Methode verdeutlicht, was das Team fortsetzen will.4. FFF
Der Scrum Master unterteilt die Tafel in drei Bereiche:- Funktioniert einigermaßen: Dinge, die eigentlich gut liefen, aber noch verbessert werden müssen.
- Funktioniert gut: Alles was wirklich gut lief.
- Funktioniert nicht gut: Alles, was nicht zu einem positiven Sprint-Ergebnis beiträgt.
5. Story telling (Rory Cubes)
Rory Cubes sind Würfel mit Bildern anstelle der Augenzahlen auf den Seiten. Jedes Teammitglied würfelt die neun Würfel und teilt das Ergebnis in drei Schritte auf (Anfang, Mitte, Ende). Anhand dieser Aufteilung liefert das Teammitglied einen Bericht über den letzten Sprint. Dann ist das nächste Teammitglied an der Reihe. Berichte in Erzählform sind ein geeignetes Mittel für die Durchführung einer Retrospektive, weil der Inhalt auf diese Weise strukturiert wird. Zudem lassen sich die Inhalte so leichter verinnerlichen.6. K.A.L.M.
K.A.L.M. steht für:- Keep – Etwas, das vom Team gut gemacht wird und fortgesetzt werden muss
- Add – Eine neue Idee, die der Verbesserung dient
- Less – Etwas, das gegenwärtig gemacht wird, jedoch nicht zum Erreichen des Ziels beiträgt
- More – Etwas, das gegenwärtig gemacht wird und zum Erreichen des Ziels beitragen kann, wenn es intensiviert wird.
7. Der Rennwagen
Der Scrum Master zeichnet einen Rennwagen an die Tafel, der von einem Fallschirm abgebremst wird. Die Mitglieder des Scrum-Teams schreiben auf Klebezettel die Dinge, die sie:- Gebremst haben
- Angetrieben haben
8. Die Schachtel öffnen
Zeichnen Sie eine Schachtel in die Mitte des White Boards. In dieser Schachtel befinden sich alle Tätigkeiten, die während des letzten Sprints stattgefunden haben. Der Rest des White Boards wird in drei Bereiche unterteilt.- Ein Stopp-Bereich: Dorthin werden die Post-its mit den Tätigkeiten geklebt, die nicht zum Erreichen des Ziels beitragen.
- Ein Go-Bereich: Dorthin werden neue Tätigkeiten und Ideen geklebt, die künftig einen positiven Beitrag zur Erreichung des Ziels leisten können.
- Ein Recycling-Bereich: Dorthin werden die Post-its mit den Tätigkeiten geklebt, die das Scrum Team fortführen muss, um das Ziel zu erreichen.
9. Zeitleiste der Gefühle
Der Scrum Master zeichnet eine Zeitleiste, die den Sprint darstellen soll. Auf dieser Zeitleiste werden einige wichtige Ereignisse angegeben, die während des Sprints stattgefunden haben. Zeichnen Sie oberhalb der Leiste ein „Happy Face“ mit Fragezeichen und unter die Leiste ein „Sad Face“ mit Fragezeichen. Verwenden Sie verschiedenfarbige Post-its, z. B. gelb für den Prozess, grün für die Mitarbeiter, blau für externe Einflüsse und lila für teaminterne Einflüsse. Bitten Sie das Scrum Team anschließend, ihre Fragen auf Post-its der entsprechenden Farbe zu notieren und diese an der Zeitleiste zu befestigen. Hierbei werden die positiven Aspekte nach oben (auf die „Happy Face“-Seite) und die negativen Aspekte nach unten (auf die „Sad Face“-Seite) sortiert. Dadurch werden die Punkte visualisiert, die bei der Retrospektive besprochen werden.10. M&M-Retrospektive
Der Scrum Master schüttet den Inhalt einer M&M-Packung in eine Schüssel. Dann werden alle Mitglieder des Scrum Teams nacheinander gebeten, ein M&M aus der Schüssel zu holen. Die verschiedenen Farben der M&M vertreten jeweils eine Kategorie Fragen, auf die eine Antwort gegeben werden muss, wie zum Beispiel:- Braun: Was lief gut, was müssen wir fortsetzen?
- Rot: Was lief weniger gut, was müssen wir sein lassen?
- Gelb: Welche neue Idee müssen wir sofort aufgreifen?
- Grün: Welche Tätigkeit müssen wir intensivieren?
- Blau: Welche Tätigkeit müssen wir drosseln?
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