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„Wicked problems“: 10 Merkmale und Beispiele

Die Welt, in der wir leben, ist komplex und in gewisser Weise unstrukturiert. Es überrascht nicht, dass dabei Probleme auftauchen, die schwer – oder vielleicht sogar unmöglich – zu lösen sind. Wir nennen diese Probleme „wicked problems“. Beispiele für „wicked problems“ sind die Bekämpfung des Klimawandels, die Überwindung ethnischer Ungleichheiten oder die Eindämmung des nuklearen Wettrüstens.

Wir können ein „wicked problem“ als ein einzigartiges Problem definieren, das aufgrund von unvollständigen oder widersprüchlichen Informationen in einem sich verändernden Kontext schwer oder gar nicht zu lösen ist.

Eigentlich ist diese Definition immer noch eine Vereinfachung dessen, was „wicked problems“ eigentlich sind. Für ein umfassendes Verständnis von „wicked problems“ greifen wir auf den wissenschaftlichen Artikel von Rittel und Webber (1973) zurück, in dem sie zehn Merkmale von „wicked problems“ identifizieren.

„tame problems“ vs. „wicked problems“

In ihrem Artikel schreiben Rittel und Webber (1973) über die Unterscheidung zwischen „tame“ und „wicked“ Problemen. Tame Probleme sind Probleme, für die die Lösung(en) gefunden werden können. Außerdem ist klar, ob das Problem bereits gelöst wurde. Denken Sie zum Beispiel an einen Schachspieler, der ein Rätsel löst, um den Gegner in vier Zügen schachmatt zu setzen. Oder denken Sie an einen Biologen, der Gewebe bis auf die Zellebene seziert, um zu sehen, wie etwas aufgebaut ist. In beiden Beispielen ist die Herausforderung klar, es gibt eine korrekte und auffindbare Lösung, und es ist klar, wann das Problem gelöst ist.

Bei „wicked problems“ ist das anders. Welches ist zum Beispiel der beste Standort für einen neuen Autobahnabschnitt? Angesichts der Vielzahl von Stakeholdern und Perspektiven kann eine solche Frage unmöglich korrekt beantwortet werden. Da es sich bei „wicked problems“ um eine andere Art von Problemen handelt, müssen Sie sie auf eine andere Art lösen. Wir neigen dazu, bei der Lösung von Problemen einen wissenschaftlichen Ansatz zu wählen, aber im Fall von „wicked problems“ ist dies nicht sehr effektiv. Eine Methode wie Design Thinking kann hier eine Lösung bieten.

Grafik wicked problems

10 Merkmale von „wicked problems“

  1. Es ist unmöglich, ein „wicked problem“ vollständig zu definieren. Für „tame problems“ können Sie eine erschöpfende Problemformulierung erstellen. Darin können Sie alle Informationen aufnehmen, die zur Lösung des Problems erforderlich sind. Da es für „wicked problems“ unendlich viele Lösungen gibt, kann man nie alle Informationen sammeln, die zur Definition des Problems erforderlich sind.
  2. Es ist unklar, wann „wicked problems“ gelöst sind. Während ein Mathematiker weiß, wann eine Gleichung gelöst ist, wird jemand, der die Armut in einem bestimmten Viertel bekämpft, dies nicht genau wissen. Da man bei „wicked problems“ von unvollständigen Informationen ausgeht, kommt man in der Regel zu einer besseren Lösung, wenn man noch tiefer in die Materie eindringt. Bei „wicked problems“ hängt die Qualität der Lösung also zum Teil davon ab, wie viel Motivation, Zeit und Geld in die Lösungsfindung gesteckt wird.
  3. Lösungen für „wicked problems“ können nicht als richtig oder falsch bewertet werden. Lösungen für „tame problems“ können als korrekte Lösungen überprüft werden. Bei „wicked problems“ ist dies nicht möglich. Hier hat der Problemlöser selbst Einfluss auf die Lösung, gerade weil es keine einzig richtige Lösung gibt. Aspekte wie politische Überzeugungen, persönliche Werte und Interessen/Hobbys spielen (manchmal ungewollt) eine Rolle bei der Lösung. Natürlich kann eine Lösung je nach den Ergebnissen „schlechter“ oder „besser“ sein.
  4. Es ist nicht möglich, die Qualität der Lösung zu prüfen. Wenn Lösungen für „wicked problems“ umgesetzt werden, wirken sie sich auf so viele Faktoren aus, dass die Verkettung der Folgen weder vorhersehbar noch erfassbar ist.
  5. Man hat immer nur eine Chance, ein „wicked problem“ zu lösen. Während man in einer experimentellen Umgebung für wissenschaftliche Probleme mehrere Lösungen ausprobieren kann (man denke an Laborsimulationen/Experimente), ist dies bei „wicked problems“ nicht möglich. Jede umgesetzte Lösung für ein „wicked problem“ hinterlässt unauslöschliche Spuren. Denken Sie nur an die Einführung einer neuen Steuer. Man kann sich im Voraus nie ein vollständiges Bild von allen unbeabsichtigten Auswirkungen der Steuer machen, aber wenn man sie einmal eingeführt hat, ist es schwierig, sie wieder rückgängig zu machen.
  6. Für „wicked problems“ gibt es 0 bis unendlich viele Lösungen. Es gibt keine Möglichkeit, festzustellen, wann man alle möglichen Lösungen für ein „wicked problem“ aufgelistet hat. Daher beruht die Auswahl von Lösungen immer bis zu einem gewissen Grad auf dem Urteil des Problemlösers.
  7. Jedes „wicked problem“ ist einzigartig. Selbst scheinbar ähnliche Probleme sind unterschiedlich. So wird beispielsweise die Verringerung der Kriminalität in Deutschland ganz anders aussehen als in Amerika, obwohl das Problem (die Kriminalität) das gleiche ist. Daher sollte man nie überstürzt Lösungen für „wicked problems“ finden, sondern den spezifischen Kontext gründlich untersuchen.
  8. Jedes „wicked problem“ kann als Symptom eines anderen unstrukturierten Problems betrachtet werden. So kann beispielsweise Kriminalität als ein Symptom von Armut angesehen werden, und Armut als ein Symptom einer dysfunktionalen Wirtschaft, und eine dysfunktionale Wirtschaft als ein Symptom von schlechter Bildung. Es ist ratsam, Lösungen auf der höchstmöglichen Abstraktionsebene zu implementieren, um ein Symptommanagement zu vermeiden.
  9. Die Ursachen für „wicked problems“ können auf unterschiedliche Weise erklärt werden. Die gewählte Erklärung bestimmt zum Teil die Lösung. Bleiben wir noch einen Moment bei dem Beispiel mit der Kriminalität. Für Kriminalität gibt es verschiedene Erklärungen, z. B. (i) zu wenig Polizei auf den Straßen, (ii) eine falsch angewandte Definition von Kriminalität, (iii) veränderte Moralvorstellungen, (iv) der Einfluss des Fernsehens, (v) veränderte wirtschaftliche Bedingungen, usw. Die vom Problemlöser eingebrachten Erklärungen wirken sich auf die Lösung aus.
  10. Problemlöser haben kein Recht, sich zu irren. Da Lösungen für „wicked problems“ viele Menschen betreffen, ist es wichtig, dass gute Lösungen ausprobiert werden. Die Auswirkungen von Zufallsexperimenten sind zu groß, sodass die Problemlöser zur Verantwortung gezogen werden können.

Design Thinking & wicked problems

Design Thinking ist eine Methode, um innovative Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln und zu testen. Design Thinking ist ideal geeignet, um „wicked problems“ zu lösen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

  • Beim Design Thinking geht es darum, möglichst viele verschiedene Perspektiven auf ein Thema zu erkunden. Auch wenn es bei „wicked problems“ unmöglich ist, alle notwendigen Informationen zu einem Thema zu sammeln, ist es dennoch wichtig, so viele verschiedene Perspektiven wie möglich einzubeziehen.
  • Im Gegensatz zu vielen anderen Praktiken wird beim Design Thinking die Bedeutung des divergenten Denkens anerkannt. Das ist wichtig, weil man bei der Behandlung von „wicked problems“ sehr breit denken muss.
  • Design Thinking hat eine große kreative Komponente (Ideenfindungsphase), sodass Sie viele potenzielle Lösungen entwickeln. Dies ist wichtig, da bei „wicked problems“ die richtige Lösung unbekannt bzw. nicht vorhanden ist.
  • Beim Design Thinking erstellen Sie einen Prototyp Ihrer Lösung, um die Idee vor ihrer Umsetzung zu validieren. Dadurch wird verhindert, dass das Leben in gewissem Maße negativ beeinflusst wird.

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